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MDK: 37 % Ablehnungsquote bei Hilfsmitteln

Bekannterweise haben die Krankenkassen bei Zweifeln an der medizinischen Erforderlichkeit eines Hilfsmittels oder einer Reha-Maßnahme den medizinischen Dienst der Krankenkassen – kurz: MDK – einzuschalten. Wie nunmehr bekannt wurde, lehnte der MDK im Jahr 2012 sage und schreibe 37 % der Versorgungsanträge mit medizinischen Hilfsmitteln und sogar 39 % der Anträge zu Reha-Maßnahmen ab.

Sicher mag es immer wieder – teilweise berechtigte – Diskussionen über Art und Ausführung eines Hilfsmittels geben. Dennoch können verweigerte Hilfsmittel bei schwer kranken oder behinderten Menschen zu extremen persönlichen Härten führen. Angesichts der Tatsache, dass wohl niemand freiwillig und ohne medizinische Notwendigkeit die Versorgung mit einer Prothese oder einem Hörgerät verlangen wird, können diese Zahlen nur als schockierend bewertet werden.

Neue Antikorruptionsvorschriften im Gesundheitswesen

Mit dem Gesetz zur Förderung der Prävention wurden vom Bundestag auch Regelungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen beschlossen. So wird ein umfassendes Verbot der Bestechlichkeit und Bestechung von Leistungserbringern (Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser, Hilfsmittel- und Heilmittelanbieter und deren Angestellte oder Beauftragte) vorgesehen, das sich auf alle Leistungsbereiche in der gesetzlichen Krankenversicherung erstreckt. Außerdem wird ein an den Bestechungsdelikten des Strafgesetzbuches (StGB) angelehnter Straftatbestand eingefügt, der an dieses Verbot anknüpft. Demnach werden insbesondere Verstöße gegen die sozialversicherungs­rechtlichen Verbote der Patientenzuweisung oder Ver­sorgungsbeteiligung gegen Entgelt unter Strafe gestellt, sofern es sich nicht nur um geringwertige Zuwendungen handelt. Weiterentwickelt werden auch die Regelungen für die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei den Kassen­ärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen. Sie müssen besser zusammenarbeiten, die Berichte, die regelmäßig vorgelegt werden müssen, werden vereinheitlicht.

Die zweite Befassung des Bundesrates ist für den 20. September 2013 vorgesehen. Das Gesetz bedarf zwar nicht der Zustimmung des Bundesrates, jedoch noch der förmlichen Verkündung, welche bislang nicht erfolgt ist. Quelle: BMG

Einschaltung von „Hilfsmittelberatern“ rechtswidrig

Die gängige Praxis der Krankenkassen, zur Überprüfung von Leistungsanträgen freie Gutachterdienste einzuschalten, ist nach Auffassung des Landgerichtes Halle wettbewerbswidrig und löst entsprechende Unterlassungsansprüche der Leistungserbringer gegenüber der Beraterfirma aus. Die Überprüfung der Leistungsanträge falle in die Zuständigkeit der Krankenkasse oder des MDK (§ 275 SGB V), so dass die Kürzung oder (vorgeschlagene) Änderung der Leistungsanträge als Eingriff in den „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ rechtswidrig sei. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Einzelfallentscheidung in der Rechtsprechung durchsetzt (LG Halle (Saale) – 4 O 127/13 – Urteil v. 9.07.2013).

Leistungskürzungen dürfen im Verhältnis zwischen Krankenkasse und Versicherten nur dann erfolgen, wenn das gesetzliche Verfahren formell eingehalten wird. Auch hier gilt wieder § 275 SGB V: Die Krankenkasse hat bei Zweifeln an der medizinischen Erforderlichkeit eines Hilfsmittels den Medizinischen Dienst einzuschalten. Sonstige Gutachterdienste dürfen -allenfalls- mit Einwilligung des Versicherten eingeschaltet werden. Bereits das Bundesversicherungsamt hat darauf hingewiesen, dass die Einschaltung von privaten Gutachterdiensten im wohlverstandenen Interesse der betroffenen Versicherten liegen muss und deren Rechte nicht beeinträchtigt werden dürfen.

BGH zur Meisterpräsenz bei Hörgeräteakustik Unternehmen

Der Bundesgerichtshof hat am 17.07.2013 entschieden, dass es weder irreführend ist noch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Meisterpräsenz nach der Handwerksordnung darstellt, wenn der Meister in einem Hörgeräteakustik-Unternehmen nicht ständig anwesend, sondern noch für einen zweiten Betrieb in einer benachbarten Stadt zuständig ist. Der BGH hat sowohl eine Irreführung der Verbraucher als auch einen Verstoßes gegen die Handwerksordnung verneint.
Eine Irreführung scheidet – so der Bundesgerichtshof – im Streitfall aus: Zwar vermittelt ein Unternehmen, das eine Dienstleistung anbietet, dem Verbraucher grundsätzlich den Eindruck, dass die Dienstleistungen in seinem Geschäftslokal während der Geschäftszeiten für Kunden unmittelbar erbracht werden können. Verbraucher werden jedoch nicht irregeführt, wenn die durch einen Meister vorzunehmenden Untersuchungen im Betrieb erkennbar nur nach Terminabsprache angeboten werden.
Auch einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Handwerksordnung hat der Bundesgerichtshof verneint. Allerdings ist bei Gesundheitshandwerken, von engen Ausnahmefällen abgesehen, für eine Betriebsstätte ständige Meisterpräsenz zu verlangen. Daraus folgt aber nicht, dass der Betreiber eines Hörgeräteakustik-Unternehmens sein Ladenlokal nicht offenhalten darf, wenn der Meister im Geschäftslokal nicht anwesend ist. In dieser Zeit können etwa Termine mit ins Ladenlokal kommenden Kunden vereinbart, Ersatz- und Verschleißteile wie etwa Batterien für Hörgeräte abgegeben und ähnliche Leistungen erbracht werden, die keine Anwesenheit eines Meisters erfordern. Unzulässig wäre es zwar, wenn ein Meister nur ganz gelegentlich in dem Betrieb zur Verfügung stünde, etwa weil er eine Vielzahl von Betrieben oder weit voneinander entfernt liegende Betriebe zu betreuen hätte. Ausreichend sei es hingegen, wenn ein Hörgeräteakustik-Meister jeden Tag zur Hälfte zwei verschiedenen Betrieben tätig und dort ohne weiteres erreichbar ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 – I ZR 222/11).

Kein Anspruch auf Versorgung mit Sportprothese

Mit einer aktuellen Entscheidung hat das BSG klargestellt, dass erwachsene Versicherte keinen Anspruch auf die Versorgung mit einer Sportprothese neben einer bereits vorhandenen Hauptprothese und Badeprothese haben. Die Sportprothese diene nur der sportlichen Betätigung in der Freizeit und damit werde ein Versorgungsziel verfolgt, für das die Krankenkassen nicht aufzukommen haben. Die Ermöglichung sportlicher Aktivitäten falle grundsätzlich nur dann in die Leistungspflicht der GKV bei der Hilfsmittelversorgung, wenn es dabei zugleich um die Gewährleistung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens gehe. Dies könne die Teilnahme am Sportunterricht bei bestehender Schulpflicht oder die Integration von Kindern und Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger sein,- nicht jedoch der Wunsch eines Erwachsenen im Rahmen des Vereinssports Badminton zu spielen (BSG Urteil vom 21.3.2013, AZ. B 3 KR 3/12 R).

Mangelhafte Inkontinenzwindeln nach Ausschreibung – ein Ausweg

Bekanntermaßen haben gesetzliche Krankenkassen das Recht, die Versorgung mit medizinischen Hilfsmitteln im Wege der Ausschreibung sicher zu stellen. In solch einem Fall ist lediglich ein Lieferant berechtigt und verpflichtet, die Versorgung durchzuführen. Da sich im vorgeschalteten Vergabeverfahren letztlich immer das wirtschaftlichste – sprich billigste – Angebot durchsetzt, bleibt zuweilen die Versorgungsqualität der Hilfsmittel auf der Strecke. Was aber, wenn die Ausschreibungsware, man denke z. B. an Inkontinenzwindeln, nicht die ausreichende Qualität hat? Hierzu hat das LSG Potsdam eine beachtenswerte Entscheidung getroffen. Denn hiernach sind inkontinente Versicherte nicht verpflichtet, sich mit mangelhaften Windeln eines Ausschreibungsgewinners versorgen zu lassen. Die Krankenkasse werde mit mangelhaften Hilfsmitteln ihrem Versorgungsauftrag nicht gerecht. Entscheidend ist auch im Rahmen einer Ausschreibung, dass die Krankenkasse mit den Produkten ihres Vertragspartners eine medizinisch ausreichende Versorgung sicherstelle. Wenn ein solches Versorgungsniveau mit Ausschreibungsware nicht erreicht werde, können Versicherte die Übernahme bzw. Erstattung der Mehrkosten für mangelfreie Windeln verlangen und sich über andere Leistungserbringer versorgen lassen (LSG BBR Urteil vom 15.11.2012 AZ. L 1 KR 263/11).

Neue Bearbeitungsfristen für Leistungsanträge gemäß § 13 Abs. 3a SGB V

Mit dem Patientenrechtegesetz wurde mit  § 13 Abs. 3a SGB V eine echte Neuheit eingeführt. Hiernach haben gesetzlichen Krankenkassen über Leistungsanträge, z. B. zur Versorgung mit einem Hilfsmittel oder auf Gewährung einer Reha-Maßnahme, über diesen binnen von 3 Wochen zu entscheiden. Muss zur Entscheidung der Medizinische Dienst (MDK) eingeschaltet werden, so verlängert sich diese Frist auf 5 Wochen. Innerhalb dieser Frist muss die Krankenkasse die Leistung entweder bewilligt, abgelehnt oder einen hinreichenden Grund für die nicht fristgerechte Bearbeitung mitgeteilt haben. Kein hinreichender Grund sind personelle Schwierigkeiten oder sonstige organisatorischen Belange bei den Krankenkassen.

Erfolgt keine rechtzeitige Reaktion der Krankenkasse, so gilt die beantragte Leistung als bewilligt.

Bei Fristversäumnis bestehen zwei Möglichkeiten. Der Versicherte kann die Kasse entweder auffordern, ihn nach Maßgabe der Bewilligungsfiktion zu versorgen, oder er kann in Vorleistung treten und im Nachgang die Kostenerstattung von der Kasse verlangen.

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Harmony-System und Aqua-Knie des Herstellers Otto Bock gerichtlich anerkannt

Mit Urteil vom 24. Mai 2012, AZ.: 16 KR 350/10, hat das SG Lüneburg entschieden, dass das Harmony System und der C-Walk Fuß von Otto Bock als Hilfsmittel des unmittelbaren Behinderungsausgleich in die Leistungspflicht der GKV fallen können. Unter Bezugnahme auf die C-Leg Rechtsprechnung des BSG hat das LG Lüneburg herausgestellt, dass behinderten Menschen mit dem Harmony System und dem C Walk Fuß maßgebliche Gebrauchsvorteile erlangen können.

Obwohl das BSG in seinen Urteilen zur wasserfesten Prothese keinen Zweifel daran gelassen hat, dass auch wasserfeste Prothesen Teil des unmittelbaren Behinderungsausgleiches sind – und damit hohe Ansprüche an die Funktionalität gelten -, gibt es immer wieder Diskussionen zu der Frage, welche Qualität eine wasserfeste Prothese denn nun haben soll. Nach einer aus unserer Sicht unglücklichen Einzelfallentscheidung des LSG Rheinland-Pfalz, welches eine Linerversorgung bei einer Badeprothese als unnötig ausschloss (LSG RPF, Urteil – 02.02.2012 – L 5 KR 75/10), hat nunmehr das SG München entschieden, dass ein Aqua-Knie von der Krankenkasse zu gewähren ist (SG München, Urteil – 28.11.20012 – S 3 KR 991/1).

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Neuregelungen des Pflegeneuausrichtungsgesetz für den Hilfsmittelbereich

Das ab dem 1. Januar 2013 gültige Pflegeneuausrichtungsgesetz („PNG“) bringt auch im Hilfsmittelbereich einige Änderungen

„Poolen von Leistungen“: Mit Einführung des PNG zum 1. Januar 2013 können Bewohner einer Wohngruppe Pflegeleistungen gemeinsam in Anspruch nehmen. Das bezeichnet man als „Poolen von Leistungen“. Um Wohngruppen zu fördern, ist zudem ein Initiativprogramm zur Gründung ambulant betreuter Wohngruppen vorgesehen, das diese Pflegebedürftigen einmalig mit 2.500 Euro je Pflegebedürftigen unterstützt. Maximal werden 10.000 Euro je Wohngruppe gezahlt. Mit diesem Geld können zusätzlich zu den heutigen Zuschüssen von einmalig 2.557 Euro für Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds weitere altersgerechte Umbauten oder behindertengerechte Anpassungen finanziert werden wie beispielsweise eine barrierearme Dusche. Voraussetzung für diese Zahlungen ist, dass mindestens drei Pflegebedürftige zusammenwohnen.

Stärkung des Grundsatzes „Rehabilitation vor Pflege“: Der Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ wird noch nicht in ausreichendem Maße beachtet. Wenn es eine Chance gibt, eine langfristige Pflegebedürftigkeit durch Rehabilitationsmaßnahmen zu vermeiden, soll diese besser genutzt werden. Deshalb soll nun jeder, der einen Antrag auf Anerkennung seiner Pflegebedürftigkeit stellt, neben dem Bescheid über seine Pflegebedürftigkeit automatisch eine Empfehlung zu seinen individuellen Möglichkeiten zur Rehabilitation erhalten. Dabei kann es sich um mobile, geriatrische und indikationsspezifische Rehabilitationsmaßnahmen handeln, die ambulant oder stationär erfolgen können. Damit werden der Pflegebedürftige beziehungsweise seine Angehörigen in die Lage versetzt, bestehende Ansprüche gegen den Träger der Rehabilitationsmaßnahme besser geltend zu machen.

Verzicht auf Folgeverordnung

Zukünftig kann bei Folgeversorgungen auf eine ärztliche Verordnung verzichtet werden. Bei genehmigungsfreien Hilfsmitteln können die Kassen jedoch eine Verordnung verlangen.

Zuzahlungsfreie Hilfsmittel bei Schwangerschaft und Mutterschaft

In den neu eingefügten §§ 24 c -24 i SGB V werden Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft geregelt. Dabei besagt § 24 e SGB V, dass auch im Rahmen von Schwangerschaft und Mutterschaft entsprechend § 33 SGB V ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln besteht. Diese sind von der gesetzlichen Zuzahlung befreit. Zudem dürfen Vertragspreise nicht auf einen möglichen Festbetrag beschränkt werden. Die §§ 33 Abs. 8 und 127 Abs.4 SGB V gelten bei der Hilfsmittelversorgung im Rahmen von Schwangerschaft und Mutterschaft nicht.

 

LSG Rheinland-Pfalz: kein Anspruch auf wasserfeste Prothese mit Liner

Das LSG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 02.02.2012, AZ.: L 5 KR 75/10, entschieden, dass eine GKV Versicherte keinen Anspruch auf eine Badeprothese mit Linerausstattung anstelle einer wasserfesten Weichwandschaftprothese hat. Die Grenze eines „nur marginalen Gebrauchsvorteils“ sei im Vergleich der beiden Versorgungsalternativen nicht überschritten. Die meisten Beinamputierten würden nicht mit der Prothese schwimmen, weil die Prothese eine Tendenz zum Aufschwimmen habe und die wasserfeste Gehhilfe nur durch subtile Anpassung der Gewichtsverhältnisse so eingestellt werden könne, dass ein Aufschwimmen nicht möglich sei. Nachteile habe die Versorgung mit einer wasserfesten Weichwandschaftprothese nur, wenn die Klägerin an einer mit längerem Stehen verbundenen Wassertherapie teilnähme. Die sei jedoch lediglich als marginaler Gebrauchsvorteil zu qualifizieren und damit unbeachtlich.

Da die Krankenkassen dieses Urteil bereits zur Leistungsablehnung heranziehen, weisen wir auf folgendes hin: Auch bei Badeprothesen sind Versicherte nach dem Stand der Medizintechnik zu versorgen, da es sich um Hilfsmittel des unmittelbaren Behinderungsausgleiches handelt, für welche die C-Leg Rechtsprechung des BSG gilt. Das BSG hat in den Entscheidungen zur Badeprothese stets betont, dass zwischen der Alltagsprothese und der Badeprothese im Hinblick auf die Versorgungsqualität kein Unterschied zu machen ist. In zahlreichen Fällen ist der Unterschied zwischen einer Weichwandschaftprothese und Linerversorgung in der Badeprothese eben nicht als marginal zu qualifizieren. Dies hängt im Einzelfall stark von den jeweiligen Stumpfverhältnissen und der Nutzungsintensität ab.

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