Hörgeräte

Der Anspruch auf das richtige Hörgerät

Hörbehinderte Menschen haben gegen ihre gesetzliche Krankenkasse einen Anspruch auf die Versorgung mit dem für sie passenden Hörgerät. Hörgeräte sind Hilfsmittel des sogenannten unmittelbaren Behinderungsausgleiches, bei denen der Grundsatz des möglichst weitgehenden Ausgleiches der ausgefallenen Körperfunktion gilt. In der Regel sind hörbehinderte Menschen daher mit einem für sie passenden Hörgerät nach dem Stand der Medizintechnik zu versorgen.

Unterschiedliche Qualitäten von Hörgeräten sind im krankenversicherungsrechtlichen Sinne immer dann relevant, wenn die zugrunde liegende Technologie zu einem wesentlichen Gebrauchsvorteil für den Nutzer führt. Ermöglicht z. B. ein Hörgerät lediglich die Verständigung im Einzelgespräch unter direkter Ansprache und ein anderes Hörgerät ermöglicht darüber hinaus auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen, so liegt hier ein relevanter Funktionsunterschied. Sofern der hörbehinderte Versicherte die Vorzüge dieser Technologie für sich umsetzen kann, besteht ein Anspruch auf die Versorgung mit dem besseren Gerät.

Zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen werden im Bereich der Hörgeräte regelmäßig sogenannte Festbeträge festgesetzt, welche die preisliche Obergrenze für die Versorgung eines Versicherten bilden sollen.

Die sich hier anschließende Frage ist, ob sich Versicherte prinzipiell mit einem „Festbetragshörgerät“ begnügen müssen oder aber ob sie einen Anspruch auf das für sie beste Gerät haben. Festbeträge regeln primär das Abrechnungsverhältnis zwischen dem Hörgeräteakustiker und der jeweiligen Krankenkasse. Leistungsbeschränkend gegenüber dem Versicherten wirken sie sich nur dann aus, wenn der Festbetrag rechtmäßig ist und kein atypischer Fall der Hörbehinderung vorliegt.

Ein Festbetrag ist nur dann rechtmäßig, wenn dieser bei objektiver Betrachtung die Versorgung von bestimmbaren Gruppen von Hörbehinderten (z.B. die Gruppe von Schwersthörgeschädigten mit beidseitigem Hörverlust von nahezu 100%)  nach dem Stand der Medizintechnik ermöglicht. Ist zu einem Festbetrag die Regelversorgung für bestimmte Gruppen von Hörbehinderten nicht nach dem Stand der Medizintechnik möglich, so ist der Festbetrag rechtswidrig und kann den Leistungsanspruch auf das passende Gerät nicht beeinträchtigen.

Ist es hingegen in der Regel möglich, bestimmte Gruppen von Schwerhörigen mit Festbetragsgeräten nach dem Stand der Medizintechnik zu versorgen, so ist der Festbetrag rechtmäßig und der Verweis der Krankenversicherung auf die zum Festbetrag zur Verfügung stehenden Hörgeräte nicht zu beanstanden.

Eine Ausnahme bilden dabei die sogenannten atypischen Fälle, bei denen sich die konkrete Hörbeeinträchtigung nicht in eine typische Gruppe klassifizieren lässt und die Versorgung mit den Festbetragshörgeräten scheitert. In diesen Ausnahmefällen besteht unabhängig von Vertragspreisen oder Festbeträgen ein Anspruch des Hörbehinderten auf das für ihn passende Hörgerät.

Lehnt die Krankenkasse eine beantragte Leistung zu Unrecht ab, so können Versicherte infolge der Ablehnung die Kosten bei der Kasse geltend machen, welche ihnen durch die dann eingeleitete Selbstversorgung entstehen. Wichtig für Versicherte ist es jedoch, die Entscheidung der Krankenkasse bezüglich eines spezifischen Gerätes zunächst abzuwarten, bevor man sich zu einer Aufzahlung für ein bestimmtes Gerät beim Hörgeräteakustiker verpflichtet. Denn wartet man das Verwaltungsverfahren bei der Krankenkasse nicht ab, so geht der Anspruch auf spätere Kostenerstattung für die eigentlich von der Krankenkasse geschuldete Leistung unter.