Mit Einführung von Vertragspartnerprinzips und Hilfsmittelausschreibungen wurde der Wettbewerb unter den Leistungserbringer im Rahmen der Hilfsmittelversorgung maßgeblich verstärkt. Um den hiermit entstandenen Fehlentwicklungen insbesondere hinsichtlich der Hilfsmittelqualität entgegenzuwirken, liegt nunmehr ein Gesetzesentwurf zur Qualitätssicherung vor. Das sogenannte Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) sieht weitreichende Änderungen bei der künftigen Durchführung von Hilfsmittelausschreibungen sowie eine engmaschige Kontrolle der leistungserbringerseitigen vertraglichen Leistungen vor.
Bei Hilfsmittelausschreibungen seitens der Krankenkasse soll zukünftig folgendes beachtet werden:
a) Eine hinreichende Auswahl, die Qualität der Hilfsmittel, die notwendige Beratung der Versicherten sind sicherzustellen sowie für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten ist zu sorgen
b) Ausschreibungsverträge können mit mehreren Leistungserbringern parallel abgeschlossen werden. Zwischen diesen Ausschreibungsvertragspartnern besteht Wahlrecht der Versicherten.
c) Der Preis darf nicht das alleinige Zuschlagskriterium sein. Zu berücksichtigen sind Kriterien, wie etwa Qualität, technischer Wert, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferbedingungen, Betriebs- und Lebenszykluskosten und Preis. Die Gewichtung der Zuschlagskriterien, die nicht den Preis oder die Kosten betreffen, darf 40 % nicht unterschreiten.
Ebenfalls werden die Beratungs- und Dokumentationspflichten der Leistungserbringer gegenüber den Versicherten erhöht:
a) Die Leistungserbringer haben die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung zu beraten, welche Hilfsmittel für die konkrete Versorgungssituation im Einzelfall geeignet und medizinisch notwendig sind. Die Leistungserbringer haben die Beratung schriftlich zu dokumentieren und durch Unterschrift der Versicherten bestätigen zu lassen.
b) Bei Leistungen über das Maß des notwendigen hinaus (§ 33 Abs. 1 Satz 5) sind die Versicherten auch über die von ihnen zu tragenden Mehrkosten zu informieren.
Zur Kontrolle der vertraglich vereinbarten Liefer- und Beratungsqualität werden den Krankenkassen gegenüber den Leistungserbringern weitgehende Rechte eingeräumt:
a) Die Krankenkassen überwachen die Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbringer. Zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung führen sie Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen durch. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, den Krankenkassen auf Verlangen die für die Prüfungen erforderlichen Informationen und Auskünfte zu erteilen.
b) Die Krankenkassen stellen vertraglich sicher, dass Verstöße der Leistungserbringer gegen ihre vertraglichen und gesetzlichen Pflichten angemessen geahndet werden. Schwerwiegende Verstöße sind in die PQ Stelle mitzuteilen.
Auch im Bereich der Verbandmittel und der Versorgung chronischer Wunden sind Änderungen vorgesehen:
a) Zunächst erfolgt eine gesetzliche Definition des Begriffes Verbandmittel: Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich deren Fixiermaterial, die dazu bestimmt und deren Wirkungen darauf begrenzt sind, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken oder deren Körperflüssigkeiten aufzusaugen. Die Verbandmitteleigenschaft entfällt nicht, wenn ein Gegenstand zusätzlich zur bedeckenden Wirkung eine Wunde feucht hält. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln und Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten regelt der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA).
b) Daneben wird der Anwendungsbereich von § 128 SGB V ausdrücklich auf die Versorgung mit Verbandmitteln erweitert.
Auch im Rahmen der Präqualifizierung sieht der Gesetzesentwurf Neuerungen vor:
a) Sofern die Voraussetzungen für die Präqualifizierung vorliegen, erhalten Leistungserbringer zukünftig ein entsprechendes Zertifikat.
b) Die Präqualifizierungsstellen selbst müssen sich nach der EU-Richtlinie (EG) Nr. 765/2008 akkreditieren lassen. Die Akkreditierung bleibt längstens für einen Zeitraum von 5 Jahren gültig.
Den vollständigen Referentenentwurf zum HHVG finden Sie hier.